Feuerwehrhistorische Beiträge
Heute vor 25 Jahren – Erinnerungen an die Unwetterkatastrophe 1999
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Der 05. Juli 1999 wird den Einwohnern rund um Marienberg wohl für immer in Erinnerung bleiben. Bereits am Vortag wurden sehr warme Luftmassen mit einer Südwestströmung nach Ostdeutschland geleitet. Am Unglückstag bildeten sich zwischen 14 und 15 Uhr bei Temperaturen von 30 bis 35 Grad in kurzer Zeit ca. 13km hohe Gewitterwolken. Der Deutsche Wetterdienst gab eine Wetterwarnung heraus. Ziemlich genau um 15 Uhr öffnete der Himmel seine Schleusen. Bis 17.00 Uhr, davon 90 Minuten mit intensivem Starkregen, fielen insgesamt 145 Liter Regen je Quadratmeter. Am ganzen Tag stieg die Regenmenge auf 159,6 Liter je Quadratmeter. Eine sogenannte ‚Superzelle‘ traf an jenem Montagnachmittag die Gegend um Marienberg und Pobershau.
15.45 Uhr ertönten die ersten Sirenen im Stadtgebiet. Den Einsatzkräften bot sich an diesem Tag ein verheerendes und anfangs kaum zu überblickendes Schadensbild. Teilweise waren sie hilflos und konnten weitere Schäden nicht verhindern. Durch die enormen Wassermassen, die der Boden, die Bäche und Flüsse und die Kanalisation nicht mehr aufnehmen konnten, wurde alles zerstört, was sich der Flut in den Weg stellte. Fahrzeuge, Schuppen und Garagen, ganze Häuser wurden weggerissen, Fahrbahnen wurden unterspült und Straßen- sowie Bahnbrücken zum Einsturz gebracht. Zwischenzeitlich wurden im Schadensgebiet mehrere Personen vermisst gemeldet und Kräfte zur Suche zusammengezogen. Glücklicherweise bestätigten sich diese Meldungen im Einsatzverlauf nicht. Auch die Elektro- und Trinkwasserversorgung im betroffenen Gebiet brach zusammen. Die B171 war im Bereich Hüttengrund nicht mehr passierbar. 400m Straße und 2 Brückenbauwerke waren zerstört. Die neu gebaute Talstraße zwischen Rittersberg, Niederlauterstein und Pockau wurde samt Böschungsmauern ebenso eliminiert. Besonders schwer hatte es das Wagenbachtal in Pobershau sowie den gesamten Hüttengrund getroffen. 16.50 Uhr berief der Landkreis Mittleres Erzgebirge seinen Katastrophenstab ein, der die Rettungsmaßnahmen in der Folge mit 2 örtlichen Einsatzleitungen koordinierte. 18.45 Uhr wurde aufgrund des Ausmaßes bereits das Technische Hilfswerk zur Unterstützung angefordert. Auch die Polizei, der Bundesgrenzschutz, die Bundeswehr, der Katastrophenschutz sowie ein Hubschrauber kamen in der Folge zum Einsatz. Über 370 Einsatzkräfte befanden sich an diesem 05.07.1999 im Schadengebiet. Viele freiwillige Helfer schlossen sich spontan den Aufräumaktionen an und packten uneigennützig an wo es ging. 19.21 Uhr dann der Schock – aus dem Bereich Schindelbach wurde 1 Toter gemeldet.
Die Einsatzmaßnahmen gestalteten sich umfangreich und teilweise gefährlich. So war es den Rettungskräften mehrfach unmöglich, vorbeischwimmendes Treibgut (so wurden u.a. 60 Pkw weggespült) zu bergen. Es kam zu Leckagen an Öl- und Gastanks, das Klärwerk in Pobershau wurde komplett überspült und Fäkalien verbreiteten sich im Einsatzgebiet. Schwere Gebäudeschäden wurden in Pobershau und im Bereich der Ölmühle Pockau verzeichnet, ein Teil des Produktionsgebäudes in der Kniebreche stürzte ein. Für die Einsatzkräfte wurden es lange und kräftezehrende Tage. Der Stab des Landkreises arbeitete noch bis in die Nachmittagsstunden des 11. Juli 1999.
Die Bilanz dieses Unwetters: 1 Toter, mehrere Verletzte (auch Hilfskräfte), 17 evakuierte Menschen, 50 teilweise erheblich beschädigte Gebäude und mindestens 100 Mio. DM Sachschaden an öffentlichem und privatem Eigentum. Allein die FF Marienberg war in diesen Tagen an 64 Einsatzstellen im Einsatz. Die FF Niederlauterstein pumpte an 3 Tagen mehrere Keller in Niederlauterstein, im Hüttengrund und in Marienberg aus, war in die Suche nach vermissten Personen am Flusslauf der Schwarzen Pockau eingebunden und beräumte verschiedene Brücken und Flussläufe gemeinsam mit THW und Bundeswehr. Die FF Rittersberg konnte aus dem ehem. Gerätehaus am Güntherberg gerade noch rechtzeitig das Löschfahrzeug herausfahren, das Gebäude und der größte Teil der Ausrüstung waren verloren. Dieser Unwettereinsatz war für die Feuerwehren des Stadtgebietes der Schwerste in der jüngeren Vergangenheit. Obgleich die Befahrbarkeit des Hüttengrundes über Behelfsbrücken der Bundeswehr recht zügig gesichert wurde, dauerten die Aufräumarbeiten im betroffenen Gebiet sowie die Wiederherstellung der Brücken noch Monate und Jahre. Der Zugverkehr auf der Strecke zwischen Pockau und Marienberg wurde erst 2006 wieder aufgenommen. Teilweise sind die Wunden des Unwetters 1999 noch heute sichtbar.
Fotos:
- eigenes Archiv
- Landratsamt Erzgebirgskreis, SG Brandschutz
- Das große Hochwasser von Pobershau; Gemeinde Pobershau
Feuerwehrgeschichtliches aus dem Jahr 1923
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Der Gemeindeverwaltung Niederlauterstein ging am 26. Oktober 1923 ein Schreiben der Amtshauptmannschaft Marienberg zu, das Bezug auf einen Beschluss der Brandversicherungskammer Dresden nimmt. Die Brandversicherungskammer war der Vorläufer der Landesversicherungsanstalt und späteren staatlichen Versicherung der DDR. In benanntem Beschluss wurde festgelegt, dass die bisherigen Sätze für Spritzenbelohnungen auf das 50-fache erhöht werden sollten.
Mit den sogenannten „Spritzenbelohnungen“ wurden Feuerwehren, ihre Technik und die Kameraden entlohnt, wenn sie z.B. in den Nachbarorten Löschhilfe leisteten. Eine Feuerwehr allein konnte schon in früherer Zeit bei einem Gebäudebrand nicht viel ausrichten. Die umliegenden Feuerwehren wurden hinzugerufen und die betroffene Gemeinde entrichtete im Nachgang die besagte „Spritzenbelohnung“, landläufig auch „Spritzenprämie“ genannt. Am 12. Oktober 1923 wurde durch die Brandversicherungskammer geregelt, dass die erste auswärtige Spritze, die über Zubringer und Schläuche verfügte, für die geleistete Löschhilfe 50 Millionen Mark erhielt. Die zweite Spritze erhält noch 30 Millionen Mark und der erste Hydrantenwagen (verlegt Schläuche vom Wasserleitungsnetz) am Brandplatze 20 Millionen Mark.
Niederlautersteiner Handdruckspritze, Aufnahme 1952
Diese Prämien klingen viel, doch es sollte noch dramatischer kommen. Es war die Zeit der Hyperinflation in Deutschland. Das Land hatte durch den verlorenen Ersten Weltkrieg riesige Schulden bei den Siegermächten, Kriegsanleihen der Bevölkerung mussten zurückgezahlt werden und nicht zuletzt das Land nach dem Krieg wieder aufgerichtet werden. Um seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen druckte der Staat immer mehr Geld. Gleichzeitig fehlte ein adäquater Gegenwert für die Stabilität seiner Währung. Ein Teufelskreis nahm seinen Lauf. Das Geld wurde in kürzester Zeit immer weniger Wert, auf der anderen Seite explodierten Löhne und Preise. Die Notenpressen der Reichsbank liefen Tag und Nacht. Städte und Gemeinden wurden gebeten, bei der Ausgabe von Notgeldscheinen zu helfen.
Banknoten aus den Jahren 1922/1923.
Im August 1923 kostete eine Straßenbahnfahrt in Dresden 15.000 Mark. Am 3. Oktober kostete dieselbe Fahrt schon zwölf Millionen Mark und nur einen Monat später, am 6. November, zehn Milliarden. Kostete ein Kilo Kartoffeln Anfang Juni 1923 in Berlin bereits satte 5000 Mark waren es Anfang Dezember 1923 schon 90 Milliarden Mark. Ein Liter Milch kostete am Ende schwindelerregende 360 Milliarden Mark.
Die Leute rechneten bald in Bündeln anstatt Scheinen. Der am Morgen erhaltene Lohn wurde sofort wieder ausgegeben, denn schon am Abend konnte man sich kaum mehr etwas davon kaufen. Geld wurde in Schubkarren transportiert, ganze Geldbündel zum Heizen benutzt und als Dämmmaterial zweckentfremdet. Die Zahl der Arbeitslosen stieg in Sachsen im Oktober 1923 auf 112.000. Der Höhepunkt der Inflation war erreicht, in ganz Deutschland kam es zu Plünderungen, Protesten und Unruhen. Mit Einführung der Rentenmark als neue Währung (gedeckt durch deutschen Grund und Boden) im November 1923 gelang es der Regierung, die Hyperinflation aufzuhalten. Die Bürger vertrauten dieser Rentenmark. Im Oktober 1924 folgte die wertstabile und reguläre neue Reichsmark, die besonders durch die Hilfe der Amerikaner weiter stabilisiert werden konnte. Mitte der 1920er Jahre erholte sich die deutsche Wirtschaft zunehmend. Die Spritzenbelohnungen der Feuerwehren wurden nunmehr schnell auf wieder „moderate“ Höhen abgesenkt.
Quellen:
- Sächsisches Staatsarchiv, Sig. 10740
- Stadtarchiv Marienberg, Sig. Nlst. 664
- https://www.mdr.de/geschichte/zeitgeschichte-gegenwart
- https://www.planet-wissen.de/geschichte/deutsche_geschichte/weimarer_republik
Feuerwehrgeschichtliches aus dem Jahr 1907
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„Gründet freiwillige Feuerwehren! Stellt die rechten Männer an die Spritze! Euch zur Ehr! Der Allgemeinheit zum Schutz! Den entfesselten Elementen zum Trutz!“ so formulierte am 15. April 1907 Brandmeister Herrmann aus Dresden, Mitglied des Landesausschusses sächsischer Feuerwehren, seinen Aufruf in Anbetracht einer hoffnungslos unterorganisierten Löschhilfe in den sächsischen Städten und Gemeinden zu jener Zeit. In mit Wällen und Mauern umgürteten und von engen und winkeligen Gassen durchzogenen Städten, mit mangelhafter Wasserversorgung und ganz ungenügenden Mitteln zur Bekämpfung der Feuersgefahr versetzte ein ausbrechender Brand die Bevölkerung stets in Angst und Schrecken. Viel schlimmer noch lagen die Verhältnisse in den oft weit verstreuten Ortschaften auf dem Lande, wo von einem Löschwesen wohl noch viel weniger gesprochen werden konnte.
Die im Jahre 1348 in Zwickau herausgegebene „Feuersnot-Ordnung“ zeigte, dass in Sachsen die Stadtverwaltungen schon recht frühzeitig zum Kampfe gegen die vernichtende Gewalt eines entfesselten Feuers aufriefen. Leipzig und Dresden folgten alsbald mit ähnlichen Verordnungen. Das erste Eingreifen der sächsischen Landesgesetzgebung datierte auf das Jahr 1521 – dem Jahr der Stadtgründung Marienbergs. Herzog Georg der Bärtige (Bruder Heinrichs des Frommen) erließ die erste sächsische Feuerordnung, die ursprünglich nur für Dresden bestimmt war. Später wurde diese aber auf das ganze Land ausgedehnt. Weitere gesetzliche Bestimmungen vom Jahre 1717 und 1719 ergänzten diese. Nicht unerwähnt lässt Brandmeister Herrmann jedoch, dass viele der Bestimmungen, ob dies zu dieser Zeit vorherrschenden Aberglaubens wohl wenig zielführend gewesen sein konnten. Zum Beispiel sahen die kurfürstlichen Bestimmungen vor, dass einige hölzerne Teller, von welchen schon gegessen worden war, des Feiertags bei abnehmenden Monde mittags zwischen 11 und 12 Uhr mit frischer Tinte und neuer Feder mit einer bestimmten biblischen Formel beschrieben und dann aufgehoben werden sollten. Man sollte diese bei einer ausbrechenden Feuersbrunst mit den Worten „Im Namen Gottes“ ins Feuer werfen. Folgende gesetzliche Verordnungen zielten mehr und mehr auf die Bekämpfung von Brandursachen ab. Ein kurfürstlicher Befehl vom 19.05.1653 verbot z.B. das Rauchen von Tabak in Schänken und auf offener Straße sowie den Verkauf von Tabak bei einer Strafe von 10 Talern. Eine andere Vorschrift empfahl Vorsicht bei der Verwendung von Bettwärmern.
In Sachsen bildeten sich in den 40er Jahren des 18. Jahrhunderts erste Feuerwehren, und zwar zuerst in Meißen, dann in Leipzig und Großenhain. Dresden folgte im Jahr 1863. Die ersten Berufsfeuerwehren wurden 1865 in Leipzig, dann in Chemnitz, Dresden und Zwickau gegründet.
Im Jahre 1907, so rechnete Brandmeister Herrmann, existierten in Sachsen insgesamt 857 freiwillige Feuerwehren mit einer Mannstärke von rund 50.000 Mann. Im Deutschen Reich waren es seinerzeit 30.500 Feuerwehren mit 1,5 Mio. Feuerwehrmännern. Doch der Unterschied zwischen den gut organisierten und ausgebildeten Feuerwehren in den Städten und denen auf dem Lande, wo viele Dörfer noch nicht mal eine Spritze besaßen, war jedoch eklatant. Oft bildeten mehrere Ortschaften einen Spritzenverband mit nur einer Spritze. Von dem Standort dieser bis zu den einzelnen Verbandsdörfern waren Entfernungen bis zu einer Wegestunde nichts Seltenes! So ist es nicht verwunderlich, dass bei diesen Entfernungen gute Löscherfolge nicht zu erwarten waren. Ein weiteres Übel seinerzeit waren wenig gepflegte Löschgeräte und ein stiefmütterliches Behandeln der verfügbaren Technik. Herrmann berichtete von Prüfungen, bei denen Haustiere die Spritzenkästen als Nist- und Brutstätten nutzten und Mäuse die Schläuche zernagten. Einige Spritzenhäuser dienten gar für die zeitweilige Inhaftierung von Wegelagerern. In vielen Gemeinden wurde die vorhandene Löschtechnik als notwendiges Übel gesehen, der Pflege und Wartung wurde wenig Beachtung geschenkt. Pflichtfeuerwehren sollten Abhilfe schaffen und jährliche Übungen in die Feuerlöschordnungen der Gemeinden aufgenommen werden.
In Niederlauterstein bestand bereits seit mindestens 1892 eine solche Pflichtfeuerwehr. Diese hielt am 03.08.1907 abends 19.00 Uhr eine Übung ab. 90 Einwohner nahmen teil, der Gemeindevorstand Gottlob Oswald Fritzsch leitete die Übung. Eine gut funktionierende Spritze, ein Gerätehaus, welches „gut im Stande war“, 240m Schläuche und Leitern an allen Häusern zeichneten ein positives Bild. „Die Mannschaft machte einen willigen Eindruck. Die Wehr gehört zu den Besten.“
Abb.: Die Handdruckspritze der Niederlautersteiner Pflichtfeuerwehr
Doch Pflichtfeuerwehren konnten den Anforderungen einfach nicht in vollem Maße genügen. Brandmeister Herrmann appellierte 1907 deshalb an die Gemeinden: „Die Gründung freiwilliger Feuerwehren ist unbedingt anzustreben und mehr zu fördern wie bisher!“ Die Gründung und Unterhaltung wurde bereits vor 111 Jahren in einer einzigartigen Weise durch die Landesregierung Sachsens unterstützt. So wurden jährlich 50.000 Mark für eine erste Ausrüstung, zur Anschaffung bestimmter Gerätschaften und zur Unterstützung für verunglückte Feuerwehrmänner in einem speziellen Feuerwehrfonds durch die Brandversicherungskammer Dresden bereitgestellt. Herrmann rechnete vor, dass für die Gründung einer freiwilligen Feuerwehr, bei schon vorhandener Handdruckspritze und geplanten 30 Mann, ca. 1.000 bis höchstens 1.200 Mark zu berechnen seien. Etwaige unverzinste Vorschüsse konnten zudem an unbemittelte Gemeinden ausgereicht werden. Freiwillige Feuerwehren wurden also aus einem sog. Feuerwehrfonds unterstützt. Alle Gemeinden (auch jene ohne Freiwilliger Feuerwehr) hatten jedoch dieselben Brandkassenbeiträge zu zahlen. Damit finanzierten Orte ohne Feuerwehr die anderen mit. Dieser Umstand sollte zum Umdenken anregen. Zudem stellte der damalige König Friedrich August III. die Feuerwehren unter sein Protektorat. Einer seiner Vorgänger, König Albert von Sachsen, hatte bereits am 11.05.1885 ein Feuerwehrehrenzeichen für 25 Jahren ununterbrochener Treue gestiftet. Der Landesverband unterstützte den Aufbau des Feuerlöschwesens um die Jahrhundertwende bereits mit der Herausgabe von Übungsordnungen, Fachschriften sowie durch Organisation von landesweiten sächsischen Feuerwehrtagen zum Erfahrungsaustausch.
Brandmeister Herrmann richtete sein Schlusswort vom 15.04.1907 an die Verantwortlichen in Städten und Dörfern, die ehrenvolle, von hohen idealen Zielen geprägte Feuerwehrarbeit zu einem öffentlichen Gemeinde-Institut zu machen. „Die freiwillige Feuerwehr müsste, ob ihrer hohen Pflichten, der erste und angesehenste Verein in jeder Gemeinde sein. Ihre Uniform müsste als Ehrenkleid gelten. Wohl jeder Träger der Feuerwehruniform würde sich dann der Achtung seiner Mitbürger würdig zeigen. Drum frisch auf, ihr Landgemeinden ohne Feuerwehren, lasset die wohlgemeinten Worte nicht spurlos verhallen! Gründet freiwillige Feuerwehren!“
Auch in der heutigen Zeit ist die Sicherung des Brandschutzes nach wie vor eine Aufgabe der Kommunen, sie ist ein integraler Bestandteil der Daseinsvorsorge für unsere Bevölkerung. Obgleich es in heutiger Zeit fast in jeder Gemeinde eine freiwillige Feuerwehr gibt, so könnten es doch überall mehr Freiwillige sein, die sich dieser wichtigen Aufgabe verschreiben. Sind Sie neugierig geworden? Melden Sie sich einfach bei den Kameraden Ihres Heimatorts und erleben Sie Kameradschaft und Hilfsbereitschaft, lernen Sie den Umgang mit moderner Technik und seien Sie Teil einer sinnvollen und nützlichen Freizeittätigkeit zum Wohle der Mitmenschen.
Wir brauchen Sie! - Werden Sie Mitglied in der Freiwilligen Feuerwehr!
Feuerwehrgeschichtliches aus dem Jahr 1864
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1864 brannte in Niederlauterstein das Schweizer Vorwerk, welches sich auf dem heutigen Brettelhäuserweg befindet, vollständig ab. Sogenannte Vorwerke wurden im Mittelalter in Dörfern errichtet, die einer Burg direkt vorgelagert waren. Sie waren geeignet, kleinere Angriffe abzuwehren und der Bevölkerung in solch einem Falle Schutz zu bieten. Bei größeren Angriffen konnten deren Bewohner die Burg frühzeitig warnen. Da sich ein Vorwerk im günstigsten Falle unabhängig selbst versorgen sollte, wurden recht schnell landwirtschaftliche Güter angelagert, die sich später zu Gutshöfen weiterentwickelten. Das Schweizer Vorwerk in Niederlauterstein entstand vermutlich Anfang des 15. Jahrhunderts, ein genaues Jahr lässt sich leider nicht mit Bestimmtheit sagen.
Über die Ursachen des verheerenden Brandes im Jahr 1864 kann man heute nur noch spekulieren. Unter anderem ist möglich, dass die Spritzenmannschaft noch nicht genügend mit der neuen Handdruckspritze vertraut war. Diese war vom Gemeindevorstand Carl Traugott Stopp erst ein Jahr zuvor in Chemnitz erworben worden. Im Jahr 1864 war sie noch nicht einmal vollständig bezahlt, denn es war eine Ratenzahlung in 3 Jahresscheiben bis 1865 vereinbart worden. Außerdem existierte zu dieser Zeit in Niederlauterstein noch keine organisierte Feuerwehr und die heraneilenden Dorfbewohner mussten die Spritze bedienen. Ein Spritzenhaus wurde erst 1876 errichtet – übrigens auf dem Grundstück des Schweizer Vorwerks. Auch in den umliegenden Gemeinden sah es damals nicht anders aus. Das Feuerlöschwesen befand sich in den Kinderschuhen. Lediglich Marienberg besaß zu dieser Zeit schon eine Freiwillige Feuerwehr. Ob und welche Löschmannschaften anderer Orte beim Brand des Schweizer Vorwerks zum Einsatz kamen, ist leider nicht überliefert.
Doch die Geschichte wurde positiv fortgeschrieben. Der damalige Besitzer des Vorwerks, Friedrich Moritz Schönherr baute die Brandruine ein Jahr später mit verändertem Grundriss und einer besonderen gewölbten Stallanlage wieder auf. Das Gebäude existiert in dieser Form noch heute.
Aufnahme aus den 50er Jahren, im Hintergrund das Schweizer Vorwerk, mittig die im Jahr 1916 erbaute Schule und im Vordergrund das 1914 errichtete Trafohäuschen sowie die ehemalige „niedere Schule“ die bis 1916 die Klassen 1, 2, 7 und 8 beherbergte.
Feuerwehrgeschichtliches aus dem Jahr 1993
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Es ist der 20. Januar 1993 – ein recht stürmischer und kalter, jedoch schneefreier Mittwoch. Die meisten Ortseinwohner Niederlautersteins kommen am frühen Nachmittag noch ihrer täglichen Arbeit oder den Besorgungen des Alltags nach. Es ist ziemlich genau 14.35 Uhr, als plötzlich die Sirenen ertönen. Dicke, dunkle Rauchschwaden über dem Gebäude der VERO auf der Hauptstraße 22 bringen schnell Gewissheit. Die Schönherrfabrik brennt!
Ausgelöst durch einen recht sorglosen Umgang mit offener Flamme beim Verlegen von Dachpappe, kommt es in der Dachschalung des Wohngebäudes zu einem Entstehungsbrand, der sich schnell ausbreitet und zügig auf den kompletten Dachstuhl des Haupt-und Wohngebäudes übergreift.
Begünstigt durch heftigen Wind steht dieser bereits beim Anrücken der Feuerwehren Niederlauterstein, Lauterbach, Marienberg und Zöblitz im Vollbrand und hat ebenfalls bereits auf ein angeschlossenes Nachbargebäude übergegriffen. Im schnell vorgetragenen Innenangriff kann der Angriffstrupp aus einer der Wohnungen noch eine Katze retten. Personen sind zu diesem Zeitpunkt glücklicherweise nicht mehr im Gebäude. Über die Dachrückseite wird in der Folge ein Zugang zum Dachstuhl gesägt. Aufgrund der enormen Hitzeentwicklung muss der Innenangriff jedoch abgebrochen werden.
Durch Einsatz der Drehleitern aus Marienberg und Olbernhau und unter Nutzung des direkt vor der Fabrik zur Verfügung stehenden Feuerlöschteichs kann der Brand durch die, bis zur Erschöpfung kämpfenden, Feuerwehrleute nach ca. 3 Stunden unter Kontrolle gebracht werden. Mehrfach müssen jedoch in den kommenden Stunden sich neu entzündende Brandnester abgelöscht werden. Die Arbeiten ziehen sich über die gesamte Nacht hindurch, wobei die Feuerwehren aus Olbernhau, Pobershau und Ansprung die Brandwache übernehmen. Noch an den beiden folgenden Tagen sind die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Niederlauterstein vor Ort und übernehmen Restlöscharbeiten und unter Absprache mit der Kriminalpolizei der Polizeidirektion Aue erste Aufräumarbeiten.
Durch das Großfeuer werden sowohl das Hauptgebäude der VERO (erbaut im Jahre 1894 von Albin Schönherr, Inhaber des gleichnamigen Holzspielwarenbetriebs) als auch das Nebengebäude so schwer beschädigt, dass die Treuhand als Besitzerin des Objekts eine Sanierung nicht mehr in Erwägung zieht. Zwei Familien verlieren durch den Brand ihr Zuhause, viele Dorfbewohner bieten jedoch kurzentschlossen Hilfe und Übernachtungsmöglichkeiten an. 1997 werden schlussendlich große Teile der Fabrik abgerissen. Der Brand der Schönherrfabrik am 20. Januar 1993 ist der zweifelsohne größte Brand der jüngeren Vergangenheit in Niederlauterstein.
Feuerwehrgeschichtliches aus dem Jahr 1717
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Immer wieder liest man in Chroniken und beim Schmökern in den Geschichtsbüchern unserer Städte und Gemeinden von großen Feuersbrünsten und dem unendlichen Leid, welches die Brände für die damalige Bevölkerung mit sich brachten. Mit Lehm verkleidete hölzerne Schornsteine, die übliche Schindelbedachung der Gebäude und der tagtägliche Umgang mit dem offenen Feuer waren sicherlich Gründe für die enorme Brandgefahr zu dieser Zeit.
Durch ein Reskript vom 07. Juli 1717 ordnete deshalb Friedrich August I. „der Starke“ an, dass wegen der großen Feuersbrünste der letzten Zeit im ganzen Kurfürstentum Sachsen Feuerordnungen aufzustellen und Feuergeräte zum Löschen anzuschaffen seien. (Mit sogenannten „Reskripten“ wurden früher gesetzliche Regelungen zu bestimmten Einzelfällen formuliert. Heutzutage würde man hierfür sicherlich den Begriff ‚Bescheid‘ verwenden.) Erwähnt sei an dieser Stelle auch, dass 1701 ein Brand auf dem Dresdner Residenzschloss dessen Georgenbau, den Ostflügel und den Schössereiturm vernichtete. 1707 kam es zu verheerenden Stadtbränden in Bautzen und Kamenz, 1710 brannte es in Löbau. 1712 wurden durch den großen Stadtbrand zu Glauchau 300 Häuser eingeäschert und eine Frau starb an einer Rauchgasvergiftung.
Das Reskript schrieb den Kommunen nunmehr vor, dass z.B. Leitern, Feuerhaken und Eimer für den Brandfall bereitzuhalten waren. 1719 wurde das Reskript dann durch die neue kursächsische Generalverordnung „wie in dero Churfürstentum... Feuersbrünste abzuwenden und bei deren Entstehung allenthalben sich zu verhalten“ ergänzt. Hierin enthalten waren Maßnahmen zum Brandschutz und Anweisungen zum richtigen Verhalten bei der Entstehung von Bränden. Zum Beispiel war es in den Städten ab sofort nicht mehr gestattet, die Dächer niedergebrannter Häuser wieder mit Stroh oder Schindeln zu decken.
300 Jahre später kann man auf diese primitiven Regelungen sicherlich mit einem leichten Augenzwinkern zurückblicken, für die Bevölkerung der damaligen Zeit war es jedoch ein Meilenstein in der Entwicklung des Feuerlöschwesens.
Feuerwehrgeschichtliches aus dem Jahr 1946
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Über der Erzgebirgsregion stand am 05. Juli 1946 ein schweres Gewitter, welches mit einem starken Wolkenbruch einherging. Das Unglück nahm seinen Lauf, als gegen 18.15 Uhr ein Blitz die Doppelscheune von Willy Fritzsch (Nr. 37) und Paul Kaden (Nr. 38 – heute Hans-Joachim Morgenstern) in Brand setzte. Die Scheunen, in denen frisches Heu der gerade abgeschlossenen Ernte eingelagert war, standen sofort in hellen Flammen. Ein Melder brachte bereits 18.25 Uhr die unheilvolle Feuernachricht zum Wehrleiter Martin Klaus, währenddessen die Bewohner und Nachbarn versuchten, mittels einfachen Mitteln das Feuer zu löschen. Dieses Bemühen war schier aussichtslos. Die FF Niederlauterstein rückte umgehend mit 15 Kameraden aus und traf 18.37 Uhr am Brandplatz ein. Da das Wohnhaus von Willy Fritzsch mit seinem Giebel nur schmale 3,80m entfernt stand und dessen Dach nur mit Welldach auf Doppelschalung gedeckt war, entzündete sich der Dachstuhl durch die große Hitze in kürzester Zeit. Von innen war dies nicht zu verhindern, da der Dachboden ebenfalls mit frischem Heu vollgestopft war. Dies war weitverbreitet unter den Bauern seinerzeit. Starker Sturm erschwerte die Löscharbeiten zusätzlich. Die Kameraden hatten in der Folge Schwierigkeiten, mit der erst vor einem Jahr erworbenen Tragkraftspritze TS 8 eine ausreichende Löschwasserversorgung herzustellen. Die alte Handdruckspritze kam bei diesem Einsatz letztmalig noch mit zum Einsatz. Um dem Brand mit entschlossener Härte entgegenzutreten, wurden bereits 18.30 Uhr die Feuerwehren Zöblitz, Marienberg und Lauterbach zur Spritzenhilfe gerufen. 19.00 Uhr (Zöblitz und Marienberg) und 19.10 Uhr (Lauterbach) trafen sie vor Ort ein. 2 Teiche in der Umgebung dienten der Löschwasserentnahme. Durch die gemeinsame Arbeit aller Wehren konnte der Brand eingedämmt werden. Die beiden Scheunen konnten jedoch nicht gerettet werden. Der Dachstuhl des Wohnhauses von Willy Fritzsch brannte vollständig aus. Beim direkt angebauten Wohnhaus von Paul Kaden wurde ebenfalls der Dachstuhl aufgrund fehlendem Brandgiebel schwer beschädigt. Um 22.00 Uhr war das Feuer bekämpft, 8 Kameraden der FF Niederlauterstein hielten noch bis zum nächsten Vormittag 10.30 Uhr Brandwache.
Die damals 15-jährige Waltraude Kaden hatte das Feuer miterlebt und erzählte noch lange von diesem schrecklichen Erlebnis. Ihr späterer Ehemann Johannes Morgenstern kämpfte in den Reihen der Lauterbacher Wehr gegen die Flammen. Beide lernten sich wenig später kennen und lieben, heirateten 1949 und feierten 2014 Eiserne Hochzeit.
Feuerwehrgeschichtliches aus dem Jahr 1891
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Es war der unheilvolle Tag des 11. August 1891, als gegen Mitternacht die Flachsgarnspinnerei von Friedrich August Bräuer in der Niederlautersteiner Schlossmühle in Flammen aufging. Schnell verbreitete sich die schreckliche Nachricht unter den schlafenden Einwohnern und so hasteten die Männer des Ortes zum kleinen Gerätehaus, welches sich dazumal noch am Erbgericht (heutiger Brettelhäuserweg) befand. Hier waren sowohl die pferdegezogene Handdruckspritze (Baujahr 1863) als auch die damals wenigen vorhandenen Gerätschaften zur Brandbekämpfung untergestellt. Nachdem zwei Pferde ortsansässiger Landwirte angespannt waren, ging eine rasante Fahrt dorfabwärts in die Schlossmühle. Da eine Freiwillige Feuerwehr seinerzeit noch nicht gegründet war, machte es sich recht schnell bemerkbar, dass den ungeübten Einwohnern der Kampf gegen die Flammen schier aussichtslos erscheinen musste. Im Rahmen der nachbarschaftlichen Löschhilfe ließ der Ortsvorstand Gottlob Oswald Fritzsch die bereits gegründeten Freiwilligen Feuerwehren Lauterbach und Pobershau zu Hilfe rufen. Trotz aufopferungsvollem Kampf konnte das Gebäude jedoch nicht mehr gerettet werden und brannte vollständig nieder. Zur Brandursache findet sich in den alten Aufzeichnungen leider nichts.
Bereits 1860 führten fehlende Löschgeräte und die Machtlosigkeit der Bewohner zum Abbrennen selbigen Gebäudes, worauf sich der Gemeinderat damals dazu veranlasst sah, von der Firma Baldauf in Chemnitz oben erwähnte pferdegezogene Handdruckspritze anzuschaffen. Friedrich August Bräuer hatte in der Schlossmühle 1865 dann die Niederlautersteiner Flachsspinnerei errichtet. Hier wurde Garn erstmals maschinell hergestellt, zum Antrieb der Riemen wurde das Wasser der vorbeifließenden Schwarzen Pockau genutzt. Die Flachsgarnspinnerei war der erste Industriebetrieb seinerzeit im Ort. Nach dem Brand von 1891 errichtete Robert Gustav Clausnitzer 2 Jahre später an selbiger Stelle eine Holzschleiferei und Pappenfabrik (siehe abgebildete Postkarte, um 1910).